Liebe Freundinnen und Freunde der IBA’27,
mit ihrem hundertsten Geburtstag ist die Weissenhofsiedlung der Ausgangspunkt der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27). In der Umbruchzeit der 1920er-Jahre suchte eine junge Generation von Architekten nach neuen Wegen in die Zukunft. Auf dem Stuttgarter Killesberg experimentierten sie mit Grundrissen, Konstruktionen, Materialien und Haustechnik.
Als Ausstellung war die Weissenhofsiedlung ein großer Erfolg, der bis heute nachhallt. Die 21 Musterhäuser sorgten für weltweites Aufsehen. 500.000 Besucherinnen kamen 1927, bis heute pilgern Menschen aus aller Welt auf den Killesberg. Die Siedlung ist aber weit mehr als ein touristisches Schatzkästlein. Sie steht als bedeutendes Symbol für den Aufbruch in die Moderne, die sich als Epoche und Haltung vor allem in der Nachkriegszeit manifestierte: Beim Wiederaufbau der zerstörten Städte. Beim groß angelegten Umbau zur »autogerechten Stadt«. Mit einer fein säuberlichen Trennung der städtischen Nutzungen: Hier Wohnsiedlung, dort Büros und Einkaufen, Gewerbegebiet und Industrie liegen am Rand.
Die Moderne unternahm den Versuch, die Welt neu zu ordnen, es gab keine Vergangenheit. Ihre Strukturen sind tief in unsere Städte eingewoben, verbaut in einer ungeheuren Menge an Material und Energie. Das ist ein Erbe, das wir nicht ausschlagen können. Und hier unterscheiden wir uns von der Moderne: Wir entwerfen keine neue Welt, sondern nehmen das Vorhandene, bauen es um und weiter. Dafür braucht es neue Strategien, die die IBA’27 in den Projekten entwickeln und erproben will. Wie machen wir aus überkommenen Bauwerken zukunftsfähige Häuser und Quartiere? Wie entwickeln wir aus dem und im Bestehenden städtische Räume, die stark und elastisch genug sind, um auf die Zukunft reagieren können? Wie machen wir in die Jahre gekommene Wohnsiedlungen zukunftsfähig, wie Gewerbegebiete zu lebenswerter und produktiver Stadt? Wie reichern wir unsere Zentren an für eine offene und lebendige Stadtgesellschaft? Dabei suchen wir Gebäude, die Materialkreisläufe schließen und einen positiven Beitrag für Umwelt und Klima leisten: Häuser für die postfossile Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.
Der Weissenhof ist der Ausgangspunkt, als Referenz nimmt er die IBA aber auch in die Pflicht: Sind wir relevant, reagieren wir auf die richtigen Trends, setzen wir uns mit Bautechnologie und Materialien auseinander, die wirklich zukunftsfähig sind? Dies betrifft auch den Weissenhof als Denkmal und Siedlung. Wie kann er sich entwickeln und wie präsentiert er sich im Ausstellungsjahr 2027? Mit Spannung erwarten wir dazu die Ergebnisse des laufenden internationalen städtebaulichen Ideenwettbewerbs für den Weissenhof und seine Umgebung, der im Juni entschieden wird. In einem dreitägigen Veranstaltungsreigen, der ein internationales Symposium mit Baukultur-Werkstätten und dem IBA’27-Plenum zusammenbringt, werden wir anschließend die großen Fragen öffentlich diskutieren. Merken Sie sich den Termin schon jetzt vor: 29. Juni bis 1. Juli 2022.
Herzliche Grüße,
Ihr Andreas Hofer
IBA’27-Intendant