Liebe Freundinnen und Freunde der IBAʼ27,
der für mich schönste Moment beim Plenum #5 im Mai war, am Ende eines langen Tages über Untertürkheim den Mond aufgehen und den einbetonierten Fluss verzaubert zu sehen. Teile des Teams der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA’27) hatten den Tag auf »Fridas Pier« verbracht, dem von einer jungen Crew mit großem Engagement umgebauten Frachter, der nach zahllosen Verhandlungen, Auflagen, einem Runden Tisch und der Virus-Katastrophe nun endlich als Clubschiff öffnen kann.
Wer heute zwischen Stuttgart-Mühlhausen und Plochingen den Fluss entlang radelt oder spaziert (so möglich), trifft vor allem auf Grenzen. Sichtbare, wie die mit schier unfassbarer Einhegungswut in immer fantastischeren Formationen aufgetürmten Zäune, Verbots- und Gebotsschilder. Aber auch unsichtbare. Wie die spürbare Angst vor dem Element Wasser und einem damit scheinbar verbundenen Kontrollverlust. Woher kommt diese Angst? Sitzen die Hochwasser tief im kollektiven Gedächtnis? Fürchten wir wirklich, durch mehr Vielfalt entlang des Flusses die Industrie und damit Teile unseres Wohlstandes zu verlieren?
Zu unserem virtuellen Plenum »Der Fluss gehört allen« sind viele Menschen und Initiativen zusammengekommen, die schon begonnen haben, den Neckar als Lebensraum für Mensch und Natur zurückzuerobern. Diesen Austausch möchte die IBA weiterführen und intensivieren. Denn die – wohl wahre – Rede, dass der Umbau des Flusses ein Generationenprojekt sei, darf nicht länger die Angst vor dem Nicht-Perfekten, Offenen, Durchlässigen zementieren. Am Neckar, so das Plädoyer aller an den Workshops und Diskussionen Beteiligten, ist die Zeit des Abzäunens, Aufmachens und Erlaubens gekommen. Es gilt, Freiräume zu schaffen und diese den Menschen zur Verfügung zu stellen. Das komplexe, große Bild, das wir alle vor Augen haben, wenn wir an eine menschengerechte urbane Flusslandschaft für die Region Stuttgart denken, soll sich auch aus diesen, sofort und mit geringen finanziellen Mitteln realisierbaren Freiräumen heraus entwickeln und konkretisieren.
Und wer weiß, vielleicht gelingt ja dem Mond, was Jahrzehnte mehr oder weniger ernsthafter Bemühungen und Bekenntnisse der Mandatsträger bislang nicht geschafft haben: die Wiederverzauberung des Neckars in einen Lebensraum. Und seine Verortung nicht nur im Denken, sondern auch im Fühlen der Menschen.
Im Namen des gesamten Teams der IBA’27 wünsche ich Ihnen spannende Leseeindrücke mit unserem Newsletter.
Markus Bauer
Kommunikation / Veranstaltungen